2. Tag, Sonntag 22. Oktober
Kato Pyrgos - Pedaulos
(Nordwesten der Insel zum
Troodos Gebirge)
Der zweite Tag begann mit einem kräftigen Schrecken. Nachdem ich
auf meinem Rad die ersten Meter losrollte, beschwerte sich laut hupend
ein Pickupfahrer. Gedankenlos fuhr ich Dödel auf der rechten Seite
los. Gestern hatte ich im Linksverkehr kein solches Missgeschick und heute
passiert mir gleich am Anfang so was. Ich nahm mir fest vor, mich zu konzentrieren
und ärgerte ich mich über mich selbst.
Ein weiterer Versuch hinter Pato Pygros doch irgendwie in den türkischen
Nordteil zu gelangen scheiterte erneut am nächsten Grenzübergang,
wo mir ein Soldat in gebrochenem Englisch erklärte, dass dies nur
in Lefkosia, der Hauptstadt, möglich sei. Dies wusste ich nun erst
jetzt und damit war es endgültig klar, zuerst im südlichen Teil
Richtung Troodos Gebirge weiter zu fahren.
Nach einer kleinen Kartenkunde nahm ich mir vor, den ersten Streckenabschnitt
nach Kampos hoch zu radeln, doch die 42 Kilometer gut ausgebauter Teerstraße
hatten es in sich. Obwohl Kampos nur in etwa 900 Hm lag, waren auf meinem
Chronometer so gegen 14:00 Uhr additiv bereits über 1600 Hm. Auf
einem Streckenabschnitt sah ich in etwa einem Kilometer Luftlinie die
weiterführende, sich am Hang hoch schlängelnde Straße,
musste jedoch zuerst etwa 400 Hm und 5 Km kurvig bergab, um dann wieder
mühselig den Anstieg hoch zu treten. Da wünschte man sich Brücken.
So summierten sich 42 Km, obwohl es auf der Karte doch so nah schien.
Nach einer Mittagspause in einem schattigen Restaurant bei Lammfleisch,
einem freundlichen Wirt und Beo Bier erholte ich mich, um weiter ins Troodos
Gebirge vorzustoßen. Der höchste Punkt der Insel war auf der
Karte mit 1951m eingezeichnet. Dies setzte ich mir als Tagesziel. Doch
es wurde grau über mir und Gewitterwolken vermiesten mir die Stimmung.
Ich hatte kaum mehr Zeit die Regenhaut über das Gepäck und mich
zu stülpen, so schnell durchnässten mich schwere Tropfen und
lautstark zuckten Blitze und Gewitterdonner auf die Berghänge des
Troodos.
So sehr auch die Missstimmung vor dem Gewitter zu spüren war, entspannte
sich diese nachher wieder relativ schnell.
Nach etwa einer Stunde war alles vorbei und erste Sonnenstrahlen kämpften
sich durch die dicken Wolken. Nebelschwaden dunsteten aus den Hängen
und nahmen einen würzigen, intensiven Kiefernduft mit herauf, den
ich tief in mich hineinsog. Ich sah in einem Berghang liegend imposant
die Ortschaft Pedaules vor mir. Einen christlich-orthodoxen Wallfahrtsort
mit einem imponierendem großen, etwa 30m hohen, weißen Christenkreuz
und einer Kirche darunter. Dies ist eine Wallfahrtgegend und Pilger wandern
und übernachten viel in dieser Region.
Die Schatten wurden länger und doch etwas ausgelaugt kam ich in deutlich
kühlerem Höhenbereich, dem höchsten Punkt der Insel, dem
Olympos näher. Bei 1700m angelangt und 8 Grad sah ich einen voll
bewaldeten Berggipfel vor
mir und einen unschönen, riesigen Sendemast. Ich ließ es offen,
diesen Ort am nächsten Morgen zu besuchen und musste mich wieder
um eine Unterkunft kümmern.
Das nächste Unheil nahm seinen Lauf.
In Prodomos empfahl mir ein Grieche ein Hotel „in der Nähe“.
Er fertigte mir einen Zettel an, dessen Angaben ich folgte. Suchend rollte
ich über 200 kostbare Höhenmeter bergab dieser Skizze nach um
endlich das ersehnte Hotel zu finden. Es führte jedoch keine Straße
nach rechts und nichts passte auf diese doch eindeutige Beschreibung.
Zwischenzeitlich war es finstere Nacht. Entnervt gab ich die Suche auf
und trat, bereits im Dunkeln, diese Höhenmeter wieder bergauf um
nach Pedaules zurück zu fahren. Dort wusste ich sicher, dass es eine
Unterkunft gab. Ausgekühlt und mit einer Stinkwut im Bauch auf diesem
Typen, rollte ich ohne Licht ziemlich schnell wiederum die Serpentinen
hinab. Die Lichter der Ortschaft waren schon zu sehen als plötzlich
ein Schlag durch den Radrahmen fuhr. Ich war auf einen größeren
scharfkantigen Stein gefahren und der Vorderreifen war binnen Sekunden
luftleer. Gut, dass Pedaules nur noch einen Kilometer vor mir lag, mich
es nicht geschmissen hat, und ich das Rad diese Strecke schieben konnte.
Dort kam ich dann an eine Straßenbeleuchtung, wo ich mein Flickzeugs
auspackte. Zu allem Übel war mein Ersatzschlauch 28 Zoll groß,
doch den quetschte ich notdürftig in den 26 Zoll Mantel, um zumindest
noch in den Ortsbereich rollen zu können. Gut dass dort alles klappte
und ich problemlos ein Zimmer bekam, wo ich das Rad endgültig reparierte.
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