Reisetag 1 · Reisetag 2 · Reisetag 3 · Reisetag 4 · Reisetag 5 · Reisetag 6 ·
Reisetag 7 · Reisetag 8 · Reisetag 9 · Reisetag 10 · Reisetag 11 · Reisetag 12

 

4. Tag: Dienstag 28.9.10
Sarajevo,  Einfahrt nach Montenegro, Piva Canyon, Pluzine- Foca (ca. 70 km)

War doch die Strecke gestern schon aufgrund des schlechten Wetters und des vielen Verkehrs nicht gerade ein Highlight, so kam heute doch alles ganz anders. 
Der Morgen begann bereits amüsant am Frühstückstisch. Selten haben wir einen derart missstimmigen Ober, dem das Gesicht bei jeder Nachbestellung immer weiter zusammenfiel, gesehen. Da er jede Scheibe Brot einzeln brachte, musste er entsprechend laufen. Das gefiel ihm gar nicht, und man müsste meinen, er brauche eine besondere Einladung, um sein Fahrwerk auf Touren zu bringen. Diese Einzelaktionen verzögerten zwar das Frühstück um eine Weile, jedoch kamen wir so gegen 8:30 auf das Rad.

Als wir das Hotelgelände verließen waren wir von dichten Nebel umgeben, was meistens heißt: Hochdruckwetterlage. Also es könnte, wenn die graue Brühe von der Sonne ausgeheizt war, schönes Wetter werden.
Doch bevor wir das erste Blau am Himmel außerhalb von Sarajevo erblickten, erlebten wir noch eine etwa 10 Km lange kleine Irrfahrt, wo wir zweimal an der gleichen Baustelle vorbeikamen, an einer Sackgasse umdrehten, um endlich auf die Staatsstraße E 762 kamen, welche in der Karte mit grünem Strich eingezeichnet war. Dies heißt, es handelt sich um eine landschaftlich schöne Strecke.

Dem war auch so. Nachdem fleckenweise auch der Nebel verschwand und blauer Himmel sichtbar wurde, kam die Schönheit dieser naturbelassenen Landschaft so richtig zur Geltung. Entlang des Baches Zelleznica führe die kurvige Straße langsam zum Pass Namens Rogoj hoch,  der zuerst in mäßigen Steigungen bis 1100 m hochführte.
Makaber hierbei, dass dieser höchste Punkt im Krieg natürlich wieder eine strategische Schlüsselposition gewesen sein muss. Ein zerschossenes Gebäude mit einem Denkmal gegenüber zeugte von erbitterten Gefechten in dieser Gegend und ich glaube, ich habe über 50 relativ junge Menschenleben auf dem Denkmal gezählt. Man fragt sich da schon, ob denn das alles sein musste, wenn Ideologen die Überhand gewinnen und letztendich es  doch nur Verlierer gegeben hat.
Von da ab ging es rasant bergab und die mühsam ertretenen Höhenmeter prutzelten nur so weg. Es war ein wunderbares Tal entlang der Bistrinica, wo wir nach so manchem Tunnel immer wieder eine traumhafte Landschaftskulisse, blauen Himmel, angenehme Temperaturen vorfanden und uns nach diesen Regentagen erst wieder so richtig bewusst wurde, wie schön doch solche Radtouren sein können.  Vor Foca machten wir an der Brücke bei Brod Rast und stärkten uns mit einem etwas zu üppigen Toast, der uns noch schwer im Magen lag. Ich glaubte einen Kran zu brauchen um aufs Rad zu kommen. Die Straße wurde einspurig und wir mussten unvermutet viele Höhenmeter in kleinen Steigungen sammeln, bevor wir an die Grenze nach Montenegro kamen. Heinz fuhr mit dem Auto voraus und kündigte uns Niederbayern an. Doch mehr als unsere Personalien interessierten sich die Grenzer für unsere Räder. Sie wollten immer den Neupreis wissen, welchen ich immer, um keine Neidgefühle zu erwecken, niedriger ansetzte.
Nachdem wir eine neue, sicherlich von der EU finanzierte, noch nicht betriebene Grenzstation passierten, erlebten wir die nächsten 20 Km eine Landschaft, die ihres Gleichen sucht. Der Piva Canyon.
Er wird berechtigt als eines der letzten Abenteuer Europas beschrieben. Eine spektakuläre und reine Schönheit im Nationalpark Durmitor. Man muss nicht nach Amerika fliegen, um derart schöne und wilde Landschaften zu erleben, wo schroffes Felsgestein sich in vertikalen Wänden wiedergibt, wo die geschlungene Straße in zig Tunnels kurzzeitig wie in Maulwurfslöchern wieder mal im der Steilwand verschwindet, um nach 20, 50 oder 100 m wieder in einem neuen atemberaubenden Landschaftsbild weiterführt. Dabei überraschten uns immer neue Eindrücke, die man intuitiv tiefgreifend ins Gedächtnis speichert.
Unter uns rauschte die Piva und vor uns lag eine gigantische Staumauer inmitten der steilen Felsschluchten. Ein riesiger Damm, wo wir einem entsprechenden Anstieg auf  der Staumauerstraße ein großes Wasserreservoir erblickten. Hier war der Fluss gestaut, und dieser künstliche Speicher gilt wohl als Wasserreserve für das Land Montenegro. Wir hatten noch einige Kilometer und obwohl man eigentlich nur an diesem See entlang fuhr, wirkte dieser Streckenabschnitt bis zu unserem Zielort doch ganz schön anstrengend. Waren wir doch auch schon platt von den Tageskilometern so wirkten die kleinen Steigungen „Wadlbeisser“ ganz schön auf uns ein und wir waren entsprechend erleichtert, als wir vor uns Pluzine, unseren heutigen Zielort vor uns in der untergehenden Sonne erblickten.
Dort logieren wir in einem richtigen Hotel aus der kommunistischen Ära. Von außen wirkte der Betonplattenbau durch die eigenwillige Architektonik ja ganz modern, doch als man die sanitären Anlagen, die Zimmer und Gänge betrat, fehlte es doch überall. Aber was soll’s, es kostete ja nur etwa 20 Euro pro Person, und schließlich war das Wasser warm. Duschvorhänge gab’s nicht, und wer Klopapier hatte, konnte sich glücklich schätzen. Im kalten Winter ist dieser Bau heiztechnisch sicherlich eine Katastrophe.`
Abends speisten wir warmes Lammfleisch in einem naheliegenden Restaurant. Zumindest stimmte die Temperatur des Rotweines. Gegen 11 Uhr war jeder müde und froh nach dieser anstrengenden Etappe, in die Falle zu kommen.

Link Karte
http://www.gpsies.com/map.do?fileId=klodzmmlwyaowntz&authkey=A71A8D11023B8130A9A225EF54781BE2529F0E47FA9BB912 Link Fotos
https://picasaweb.google.com/27werner/Balkan4Tag?authkey=Gv1sRgCIv-_tL184COBg#